Trophäenjagd schafft Probleme, keine Lösungen

Tier- und Artenschutzorganisationen beziehen zur Lobby-Veranstaltung im Vorfeld der größten Jagdmesse Europas gemeinsam Stellung.

Humane Society International


HSI

DORTMUND—Die Tier- und Artenschutzorganisationen Humane Society International, Pro Wildlife, Born Free und Future for Elephants beziehen anlässlich der Veranstaltung von Resource Africa in Dortmund gemeinsam Stellung. Die Organisationen bezeichnen diese als eine Lobby-Veranstaltung für die Trophäenjagd, die unter Federführung von Organisationen mit erkennbarem finanziellem Interesse versucht, die Trophäenjagd als sinnvolles Mittel zum Artenschutz und zur Armutsbekämpfung zu rechtfertigen. Die Tier- und Artenschutzorganisationen hingegen betonen, dass die Trophäenjagd eine Ursache des Problems ist, nicht die Lösung. Heute sind mehr Arten vom Aussterben bedroht als jemals zuvor, was auf menschliche Eingriffe zurückzuführen ist. Wissenschaftler haben die direkte Ausbeutung von Tieren, einschließlich der Jagd, als eine der Hauptursachen ausgemacht.

Die Ethics Specialist Group der International Union for Conservation of Nature (IUCN) hat kürzlich in einem Schreiben an die deutsche Regierung darauf hingewiesen, dass die Trophäenjagd aus ökologischer, ethischer und rechtlicher Sicht nicht zu rechtfertigen ist. Das Bundesumweltministerium kündigte daraufhin an, die Einfuhr von Jagdtrophäen geschützter Arten nach Deutschland zu beschränken. Andere EU-Länder haben bereits Fortschritte bei der Eindämmung der Trophäenjagd gemacht: In Frankreich und den Niederlanden gibt es seit 2015 und 2016 Einfuhrbeschränkungen für Jagdtrophäen. In anderen europäischen Ländern gibt es derzeit konkrete Gesetzesinitiativen und Resolutionen gegen solche Importe.

Humane Society International, Pro Wildlife, Born Free und Future for Elephants setzen sich für den konsequenten Schutz von Wildtieren und das Zusammenleben von Mensch und Tier ein.

„Es ist an der Zeit, sich von der Falschbehauptung zu verabschieden, dass die Trophäenjagd auf gefährdete Tierarten zum Spaß deren Schutz gewährleistet und nachhaltige Lebensgrundlagen für afrikanische Gemeinschaften schafft. Die Trophäenjagd ist nicht geeignet, um nachhaltige Ziele für den Artenschutz und die lokale Bevölkerung zu erreichen. Sie ist nicht mehr zeitgemäß und eine unverantwortliche Form der Jagd, von der vor allem die Trophäenjagdveranstalter profitieren und deshalb weiterhin Mythen über den angeblichen Nutzen für die Bevölkerung verbreiten. Doch vor Ort haben die lokalen Gemeinschaften kaum etwas von den Einnahmen”, sagt Sylvie Kremerskothen Gleason, Landesdirektorin von Humane Society International in Deutschland.

„Die Trophäenjagdindustrie versucht mit gezielter Desinformation und Tarnorganisationen, die vorgeben ein Sprachrohr für die Menschen in Afrika zu sein, ihre ureigenen jagdlichen Interessen durchzusetzen. Der vermeintliche Einsatz der Trophäenjagdlobby für Menschenrechte, gegen Rassismus und Armut ist ein allzu leicht durchschaubares Täuschungsmanöver, das einer reichen, ausländischen Elite das Privileg zum Abschuss bedrohter und streng geschützter Arten wie Elefanten, Löwen und Eisbären erhalten soll. Letztendlich trägt es dazu bei, jahrhundertelange Strukturen von Ausbeutung und Ungleichheit auf Kosten von Menschen und Natur aufrecht zu erhalten”, so Daniela Freyer von Pro Wildlife.

Die Trophäenjagd hat ihren Ursprung im Kolonialismus und hat in afrikanischen Gemeinschaften starke wirtschaftliche Abhängigkeitsstrukturen geschaffen. Bis heute profitieren vor allem internationale Trophäenjagdreiseveranstalter, Großgrundbesitzer und lokale Eliten von der Trophäenjagd, und dies sorgt dafür, dass sich die Trophäenjagdindustrie bereichert und weiterhin starken Einfluss ausübt.

Tier- und Artenschutzorganisationen sowie lokalen Kommunen sehen es dagegen als ihre Pflicht an, sich im Interesse aller für den Erhalt der Arten und der Biodiversität einzusetzen. Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen in Deutschland und weltweit fordern die Organisationen ein Ende des Imports von Jagdtrophäen und einen Übergang zu nachhaltigen ökonomischen Alternativen.

ENDE

Hintergrundinformationen:

  • Resource Africa, Organisator der Veranstaltung, ist nach eigenen Angaben eine politische Lobbyorganisation, die die Trophäenjagd und den kommerziellen Wildtierhandel fördert. Die Organisation wurde 1991 in Großbritannien gegründet und half 2020 bei der Gründung des Community Leaders Network, indem sie Sekretariat und technisches Personal zur Verfügung stellte. Seitdem haben beide Organisationen umfangreiche Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit bei Politikern in Europa und den USA geleistet und behaupten, Millionen von Afrikanern zu vertreten. Viele Teilnehmer der geplanten Veranstaltung haben oder hatten enge Verbindungen zur Trophäenjagdindustrie: Mehrere Vertreter sind an der Durchführung von Trophäenjagdprojekten in Zusammenarbeit mit der Trophäenjagdindustrie beteiligt, und andere haben durch Forschungsarbeiten finanzielle Verbindungen zu Trophäenjagdverbänden.
  • Ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen ist wichtig für den Schutz bedrohter Arten. Im Visier der Trophäenjäger*innen befinden sich häufig bedrohte und geschützte Tierarten. Zur Erlangung besonders imposanter Trophäen werden die Schlüsselindividuen einer Population geschossen. Die Trophäenjagd trägt nachweislich zum Rückgang von Tierbeständen bei; sie erhöht den Druck auf bedrohte Arten und steigert damit die Wahrscheinlichkeit des Aussterbens. Deutschland ist weltweit der zweitgrößte Importeur von Jagdtrophäen und hat damit eine besondere Verantwortung. Zwischen 2014 und 2020 wurden mehr als 5.400 Trophäen von international geschützten Tieren nach Deutschland importiert.
  • Die lokale Bevölkerung profitiert kaum von der Trophäenjagd. Die Trophäenjagd ist wirtschaftlich irrelevant und schafft keine nennenswerten Arbeitsplätze. Die Hauptprofiteure der Trophäenjagd sind Jagdreiseveranstalter, Großgrundbesitzer und lokale Eliten. In Namibia findet über 95 % der Trophäenjagd auf privaten Farmen statt und nur 3,5 % auf kommunalem Land.
  • Die Trophäenjagd ist ethisch inakzeptabel. Das Töten eines Tieres wegen einer Trophäe und die Einfuhr von Jagdtrophäen bedrohter Arten sind mit den ethischen Normen unserer Gesellschaft sowie den Anforderungen des deutschen Grundgesetzes zum Schutz der Tiere für zukünftige Generationen nicht ver Laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2021 lehnen 89% der Befragten in Deutschland die Einfuhr von Jagdtrophäen ab. Auch in Südafrika, dem wichtigsten Exporteur von Jagdtrophäen geschützter Arten, lehnen in einer repräsentativen Umfrage 2020 fast zwei Drittel der Befragten die Trophäenjagd ab.

Medienkontakt: Eva-Maria Heinen, communications and PR manager in Deutschland: presse@hsi-europe.org ; 0160 94491788

 

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